Was sollte man nach dem Krafttraining essen? Bei dieser Frage scheiden sich die Geister. Vielleicht haben auch Sie schon erlebt, wie sich einer Ihrer Freunde sofort nach der letzten Übung einen Proteinshake gönnte. Ein anderer wartet lieber eine halbe Stunde ab, meidet Energieriegel wegen des enthaltenen Zuckers und isst lieber Low-Carb-Mahlzeiten. Doch was davon ist richtig? Und kommt es bei der Sporternährung möglicherweise auf etwas ganz anderes an als auf Zeitpunkt und Kalorien?
Warum ist die richtige Ernährung nach dem Krafttraining entscheidend?
Beim Krafttraining entstehen mikroskopische Risse in den Muskelfasern. Wenn der Körper diese Verletzungen repariert, bildet er mehr Fasern als zuvor, sodass die Muskeln grösser und stärker werden. Hierfür benötigt der Körper Proteine (Eiweisse), denn diese sind die Grundbausteine aller Zellen.
Ausserdem muss der Körper seine Glykogenspeicher neu auffüllen. Glykogen ist die Speicherform des Kohlenhydrats Glukose. Wenn Sie hart trainieren, bringt Ihr Körper die nötige Kraft auf, indem er Energie aus den Glykogenspeichern zieht. Nach dem Training müssen diese Speicher mit neuen Kohlenhydraten aufgefüllt werden. Sind die Kohlenhydratspeicher leer, zieht der Körper die benötige Energie neben Fettreserven auch aus den Muskeln und es kommt zu Muskelab- statt Muskelaufbau.
Aus diesen Gründen ist es sinnvoll, nach dem Krafttraining eine Mahlzeit zu sich zu nehmen, die Proteine und Kohlenhydrate enthält. Auf diese Weise verhindern Sie Heisshungerattacken und den Abbau von körpereigenem Eiweiss. Gleichzeitig füllen Sie Ihre Energiespeicher auf und helfen Ihren Muskeln, sich zu regenerieren und zu vergrössern.
Von Proteinen, Fetten und Kohlenhydraten: Diese Makronährstoffe braucht Ihr Körper
Nach dem Krafttraining benötigen Sie vor allem eines: Proteine beziehungsweise Eiweiss. Der Körper wandelt das Eiweiss aus der Nahrung in körpereigene Proteine um, aus denen er neue Muskelfasern bilden kann. Zusätzlich kann eine proteinreiche Ernährung das Immunsystem stärken und für ein besseres Hautbild sorgen. Viele tierische Produkte wie Eier, Fisch und Geflügel sind optimale Proteinlieferanten. Auch Milchprodukte wie Quark und Hüttenkäse enthalten viel Eiweiss. Alternativ essen Sie pflanzliche Proteinquellen wie beispielsweise Tofu, Tempeh, Nüsse, Bohnen und Hülsenfrüchte.
Kohlenhydrate sind die wichtigste Energiequelle Ihres Körpers. Um dem Körper die beim Training verbrannte Energie zurückzugeben, eignen sich am besten komplexe (langsame) Kohlenhydrate. Sie spenden längerfristig Energie als einfache (schnelle) Kohlenhydrate. Komplexe Kohlenhydrate sind beispielsweise in stärkehaltigem Gemüse wie Erbsen und Kartoffeln enthalten, ausserdem in Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Naturreis und Quinoa. Die schnellen Kohlenhydrate finden Sie vorrangig in Obst und Mehlprodukten.
Der dritte Makronährstoff, Fett, spielt beim Kraftsport eine untergeordnete Rolle. Die gesunden Omega-3-Fettsäuren können Sie in Massen zu sich nehmen, um die Regeneration zu unterstützen. Dazu zählen beispielsweise Fisch, Avocado und Leinöl. Gesättigtes Fett, das beispielsweise in Butter und fettem Fleisch enthalten ist, sollten Sie meiden. Es kann sich negativ auf das Herz-Kreislauf-System und den Cholesterinspiegel auswirken.
Anaboles Fenster: Wann kann ich nach dem Krafttraining essen?
Das Wort “anabol” bedeutet soviel wie “muskelaufbauend”. Mit dem anabolen Fenster beschreibt man eine begrenzte Zeitspanne nach dem Krafttraining, in dem Sportler sofort etwas essen sollten. Der Grund: In dieser Zeit kann der Körper die Makronährstoffe am besten aufnehmen und für die wichtigen Prozesse der Regeneration und des Muskelaufbaus nutzen. Alternativ wird diese Spanne auch als Proteinfenster bezeichnet.
Die Annahme, das anabole Fenster sei nur eine halbe bis eine Dreiviertelstunde nach dem Workout geöffnet, hält sich hartnäckig. Tatsächlich konnten Wissenschaftler beweisen, dass die Proteinbiosynthese, also die Verwertung von Eiweiss, nach einer Sporteinheit erhöht ist. Doch dieser Zustand hält bis zu 48 Stunden an – also deutlich länger als 45 Minuten. Anstelle eines anabolen Fensters gibt es somit eher eine anabole Haustür.
Dennoch ist es nicht falsch, bereits eine halbe Stunde nach dem Trainieren einen Snack und innerhalb von 45 bis 120 Minuten nach dem Workout eine vollwertige Mahlzeit zu essen. Denn auch wenn Ihr Körper die Nährstoffe auch später noch verwerten kann, benötigt er bereits kurz nach dem Workout neue Energie. Viel wichtiger als wann Sie nach dem Krafttraining essen ist jedoch eine ausgewogene Ernährung. Achten Sie daher darauf, dass Sie über den ganzen Tag hinweg genug Proteine, Kohlenhydrate, Fette und Vitamine zu sich nehmen.
Kleine Snacks: Was kann ich direkt nach dem Krafttraining essen?
Sie sollten nicht sofort nach dem Ende Ihres Trainings etwas essen. Zu diesem Zeitpunkt ist Ihr Puls noch erhöht und es könnte Ihren Körper überfordern, sofort verdauen zu müssen. Nehmen Sie sich daher Zeit, zu duschen und sich umzuziehen. Anschliessend können Sie einen ersten Snack nehmen, der Ihren Körper mit Proteinen und etwas Zucker versorgt. Was Sie direkt nach dem Krafttraining essen können, ist beispielsweise eine reife Banane. Auch ein fruchtiger Proteinshake gilt als Klassiker.
Trainieren Sie im Home Gym oder haben keinen langen Nachhauseweg, können Sie einen etwas grösseren Snack zubereiten. Wie wäre es beispielsweise mit einem Rührei- oder Erdnussbutter-Sandwich, Porridge mit Mandeln und Banane oder griechischem Joghurt mit Ihren Lieblingsfrüchten?
Ideen für den Ernährungsplan: Top-Rezepte nach dem Training
Damit die Glykogensynthese funktioniert, muss der Körper Insulin ausschütten. Dieser Prozess wird optimiert, wenn Sie zugleich Kohlenhydrate und Eiweiss aufnehmen. Ein vollwertiges Post-Workout-Meal besteht daher zu 60% aus langsamen Kohlenhydraten und zu 30% aus Proteinen. Teil der Mahlzeit sollte stets eine Portion Gemüse sein.
Mit diesen sieben Ideen kreieren Sie den optimalen Ernährungsplan für Ihren Muskelaufbau:
- Aus Hackfleisch und Gemüse zaubern Sie ein klassisches Chili con Carne mit Reis. Hülsenfrüchte wie Kidneybohnen, Linsen und Kichererbsen liefern Extra-Proteine.
- Zucchini sind kalorienarm, enthalten jedoch zahlreiche Vitamine und Mineralstoffe. Braten Sie dünne Zucchinistreifen in etwas Olivenöl an und geniessen Sie die Zucchini-Nudeln mit passierten Tomaten und Hüttenkäse.
- Versuchen Sie sich ausserdem an Kartoffeln mit Ei und Thunfisch, einem Avocado-Omelette, Vollkornpasta mit Putenbrust und Gemüse oder Lachsfilet mit Quinoa.
- Ein echter Klassiker ist Hähnchenbrust mit Naturreis und Gemüse. Besonders gut schmeckt das Rezept mit Paprika oder Brokkoli. Essen Sie nicht gern Hähnchen, ersetzen Sie es durch Pute oder Fisch.
Was sollte man nach dem Krafttraining essen, wenn man vegan lebt?
Vegetarier und Veganer können nach dem Training dasselbe essen wie omnivore Sportler. Sie müssen bloss auf eine pflanzliche Proteinquelle ausweichen.
- Eine würzige Reispfanne mit Gemüse kann anstelle von Hühner- oder Putenbrust mit Räuchertofu oder angebratenem Tempeh kombiniert werden.
- Geniessen Sie einen Hummus-Dip zu Ofengemüse: Stärkehaltiges Gemüse liefert Kohlenhydrate und Ballaststoffe, die Kichererbsen im Hummus das Protein.
- Aus Weisskohl, Zucchini, Dinkelmehl und Erbsenprotein zaubern Sie ein veganes Okonomiyaki, also einen japanischen Gemüsepfannkuchen.
- Vollkorn- oder Proteinnudeln kombinieren Sie mit frischem Gemüse, Räuchertofu und einem Sesamdressing zu einer eiweisshaltigen Bowl.
- Aus Kokosmilch, Tapiokamehl, Hefeflocken, Linsen und Cashews wird eine proteinreiche Käsesosse für ein veganes Mac & Cheese.
Solange Sie darauf achten, dass Sie ausreichend Proteine, Kohlenhydrate und Vitamine zu sich nehmen, gilt auch eine vegane Ernährung im Kraftsport als ausgewogen. Das Wichtigste ist weder der Zeitpunkt des Essens noch die Ernährungsweise – sondern dass Sie eine ausgewogene Mahlzeit essen.